| Antrag: | Polizei - Refom(ierbar)? |
|---|---|
| Antragsteller*in: | Hakim Arezo |
| Status: | Geprüft |
| Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
| Angelegt: | 30.09.2025, 13:48 |
Ä1 zu A6: Polizei - Refom(ierbar)?
Nach Zeile 166 einfügen:
- Abschaffung der deutschen Staatsangehörigkeit als Einstellungsvoraussetzung. Menschen dürfen nicht aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert werden und müssen unabhängig vom Aufenthaltsstatus die Möglichkeit haben Polizist*in zu werden. Die Voraussetzung der deutschen Staatsbürgerschaft schafft weiteren Nationalismus und nationalistische Identität. Zeitgleich werden die ausgeschlossen, die mit am meisten unter Polizeigewalt leiden. Menschen mit Migrationshintergrund werden so weiter strukturell marginalisiert. Es darf keine rassistische Diskriminierung durch Einschränkungen für Menschen ohne deutschen Pass im Bewerbungsprozess geben, Artikel 3GG lässt grüßen.
Am Abend der Bundestagswahl im Februar 2025 stürmten mehr als ein Dutzend
behelmter und vermummter Polizist*innen die Landesgeschäftsstelle der Grünen
Jugend Berlin. Zu dieser Zeit verfolgten etwa 20 Personen friedlich den
Wahlabend und die Hochrechnungen.
Anlass war, dass angeblich vermummte Personen - die zuvor bei einer
selbstbestimmten Demo im Kiez unterwegs waren - in den Räumlichkeiten Zuflucht
gewährt worden wäre. Und selbst nachdem die Einsatzkräfte diesen Verdacht
ausräumen konnten, wurden die anwesenden Personen knapp zweieinhalb Stunden vor
der Geschäftsstelle in der Kälte stehen gelassen und letztlich einer mehr als
fragwürdigen erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen.
Wir sind schockiert über die Willkür, die Härte und die schikaneartige
Handlungsweise der Polizei. Derartige Übergriffe auf linke politische Kräfte
verurteilen wir stets, diesmal sind wir Teil einer solchen Behandlung geworden.
Und dabei hatten wir noch Glück, denn wir sind ein Verband, dessen Mutterpartei
zu der Zeit noch in der Bundesregierung war.
Neben der großen Kürzungsoffensive will der schwarz-rote Senat mit der Novelle
des Polizeigesetzes den „finalen Rettungsschuss“, beschönigend benannt, wieder
einführen. Der nichts anderes als ein Todesschuss ist, obwohl bereits jetzt
jedes Jahr mehr und mehr Menschen durch die Hände der „Freunde und Helfer“
sterben.(1)
Die Logik dahinter ist wie eh und je: Gesellschaftliche Missstände mit Gewalt zu
bekämpfen und dadurch vermeintlich “Sicherheit” zu schaffen.
Besonders betroffen sind hiervon marginalisierte Menschen und Randgruppen wie
Obdachlose, die aus Bahnhöfen geschleift werden, in denen sie im Winter Zuflucht
suchen. Drogenabhängige, die mit ihrer Suchtkrankheit alleine gelassen und durch
Gewalt weiter an den Rand der Gesellschaft getrieben werden. Prostituierte, die
in noch prekärere und stigmatisiertere Arbeitsbedingungen gedrängt werden. Und
BiPOC, die von Grund auf verdächtigt werden. Sie leiden unter rassistischer,
klassistischer und übermäßiger polizeilicher Vorverurteilung und erleben
dementsprechend mehr Gewalt und Schikane. So sind BiPOC häufiger von
"verdachtsunabhängigen Kontrollen" betroffen, wie sie erst letztens an Berliner
Bahnhöfen eingeführt wurden. (2)
Beispiele für (nicht aufgearbeitete) rassistische Polizeigewalt erleben wir
leider regelmäßig.
Wir erinnern an Oury Jallohs ominösen Todesfall, der nie vernünftig
aufgearbeitet und dessen Verdacht eines Polizeimordes nie ausgeräumt wurde. Erst
dieses Jahr wurde Lorenz von hinten von einem Polizisten mit 5 Schüssen geradezu
hingerichtet. In der JVA Ottweiler starb am 01.08. der 15-Jährige Nelson
angeblich an Suizid, nachdem er von einem Wärter körperlich misshandelt worden
sein soll.
All diese Gewalt ist kein Einzelfall, sondern Ausdruck der strukturellen
Diskriminierung der Polizei gegenüber gesellschaftlich marginalisierten Gruppen.
Das zeigt sich in zahlreichen nationalsozialistischen Chatgruppen von
Polizist*innen, die teilweise sogar zur Tat schreiten und als NSU 2.0
progressive Kräfte einschüchtern.(3)
Dieser rechte Grundton in Kombination mit einer autoritären Struktur und
Korpsgeist führen dazu, dass Polizeigewalt, wenn sie zur Anzeige gebracht wird,
seltenst verurteilt wird, weil sich alle Kolleg*innen aus Angst vor sozialer
Ausgrenzung und vermeintlicher Kameradschaft gegenseitig decken. (4)
Stattdessen gibt es schwammige Disziplinarverfahren. Doch wie diese verteilt
werden, ist genauso schwammig. So haben nach dem Einsatz in Hanau - nach einem
kolossalen Polizeiversagen - genau zwei Polizist*innen ein solches Verfahren
bekommen. Nicht die, die zu spät agiert haben. Nicht die schlechte
Einsatzleitung. Und auch nicht die Bamt*innen, die den Notruf belegt haben,
wodurch Willi nicht den Notruf erreichte und deswegen den Täter weiter verfolgte
und letztlich erschossen wurde.
Die beiden Disziplinarverfahren gingen an die Pilot*innen des Hubschraubers, die
ihren Nutzen an jenem Abend hinterfragten. (5)
Weil gesellschaftlich Polizist*innen mit einer Waffe am Gürtel einen
Vertrauensvorschuss genießen, einen Status den Drogendealer im Park um die Ecke
gar nicht erreichen können. Weil sie eben nicht bewaffnete Truppen des Staates,
sondern “Hüter der Sicherheit” sind.
Daher sehen viele Leute von einer Anzeige ab, aus Angst selbst angezeigt zu
werden. So auch wir.
Selbst der Europarat sieht inzwischen ein Problem mit dem immer gewalttätigeren
Vorgehen der Polizei auf Versammlungen insb. pro-palästinensischen, aber auch
insgesamt des linken Spektrums wie erst neulich im Kessel des Kölner
Rheinmetall-Entwaffnen-Camps.(6)
Überall um uns herum nimmt die Aggressivität und die Aufrüstung staatlicher
Gewalttruppen zu. Für Lorenz, Oury Jalloh und so viele andere war die Polizei
kein Freund und auch kein Helfer.
Es waren die Menschen, durch die ihr Leben ein Ende gefunden hat.
Auch historisch betrachtet, entstand die Polizei nicht als Truppe, um Katzen von
Bäumen zu retten. Die Idee entstand aus der Notwendigkeit heraus, soziale und
ökonomische Verhältnisse mit Gewalt zu stabilisieren. Es ging darum, dass
Streiks nicht mehr von den Fabrikbetreiber*innen selbst, sondern von staatlich
organisierten und finanzierten Gruppen niedergeschlagen werden. (7)
Nicht nur das. So wurde in vielen Ländern Polizei geschaffen, um Menschen in
Kolonien zu unterdrücken und rassistische Gesetzgebung, die Kolonien erst
möglich machten, durchzusetzen. Ekelhafte Beispiele dafür sind der Code Noir
oder der Code de l’indigénat in Frankreich, die black codes in den USA oder auch
der Einsatz von Schutztruppen in den Deutschen Kolonien.(8)
Die Polizei war damals und ist auch heute nicht neutral. Sie war die ausführende
Gewalt eines kapitalistischenStaates, und das heißt: sie schützte und schützt
nicht in erster Linie Menschen, sondern die herrschende Ordnung, das Kapital.
Rassismus in der bestehenden Gesellschaftsordnung ist dabei kein Einzelfall,
sondern zentraler Bestandteil. Kapitalismus funktioniert, indem er Menschen in
Hierarchien aufteilt, anstatt sie befreit nebeneinander zu stellen, um damit
Ausbeutungsverhältnisse möglich zu machen. Die Polizei braucht es nun als
Werkzeug, als Ausübung von Gewalt, um diese Ordnung aufrechtzuerhalten und diese
Ausbeutungsverhältnisse erst zu ermöglichen und aufrechtzuerhalten. Ohne sie
wäre diese Ungleichheit und Ungerechtigkeit nicht regierbar.(9)
Wer nun von „Einzelfällen" oder „Fehlverhalten" spricht, verkennt den Kern
dieser Gewalt. Solche Denkart stützt das System des Vertrauensvorschusses, der
die Polizei stets als gewissenshafte Schützer der Gemeinschaft darstellt.
Gewalt ist nicht das Versagen der Polizei – sie ist ihr Wesenskern. Solange der
Staat auf Kapital, Eigentum und Ungleichheit gebaut ist, braucht er eine
Institution, die diese Ordnung mit Gewalt schützt. Und das erfüllt die Polizei.
Die Aufrüstung und "Verbesserung" der Polizei ist keine Verbesserung von
“Sicherheit”. Sie bedeutet nämlich in erster Linie eines:
Eine Steigerung der gesellschaftlichen Gewalt.
Und während mit Einführung von Tasern die Möglichkeiten schwerer Gewalt nur
zunimmt und die Hemmung aufgrund versprochener Sicherheit der neuen
Gerätschaften, diese Gewalt auch einzusetzen abnimmt - währenddessen nimmt die
Aufarbeitung nicht zu.
Und während die Aufarbeitung nicht zunimmt, lässt auch die Aufklärung zu
Wünschen übrig. Die verschwindend niedrige Verurteilungsquote bei
Sexualstraftaten geht nicht zuletzt auch auf unzureichende Polizeiarbeit zurück.
So werden Verletzte zu spät ernst genommen, unzureichende Maßnahmen getroffen
und ihnen kein ausreichender Rechtsschutz geboten. Sekundäre Traumatisierungen
entstehen nicht in seltenen Fällen durch mangelhafte Polizeiarbeit. Ähnlich ist
die Erfahrung von FINTA*s bei dem polizeilichen Umgang mit partnerschaftlicher
Gewalt. Die Erzählungen werden nicht ernst genommen, die Situation falsch
eingeschätzt, so dass im schlimmsten Fall der verhinderbare Femizid doch
passiert.
Polizist*innen kleben sich noch immer gerne mal - bevor sie auf eine Menge
Demonstrierende einprügeln - die Dienstnummern ab.
Polizist*innen haben noch immer keine Bodycams an, die verpflichtend
eingeschaltet sein müssen.
Polizist*innen wird noch immer geglaubt, wenn diese sich selbst Arme brechen und
dies auf Versammlungsteilnehmer*innen schieben.
Polizist*innen schützen nicht, wenn sie auf dich einprügeln.
Die Sicherheit, die sich damit einstellen soll, gilt offensichtlich nicht für
alle. Denn während Polizist*innen weiterhin brav Befehlen folgend Menschen auf
der Flucht illegal an den deutschen Grenzen abweisen, dient diese vermeintliche
„Sicherheit“ dem wohlhabenden deutschen “Volk”. Es dient einer rassistischen
Idee und denen die auf Menschen mit anderer Hautfarbe hetzen und diese durch die
Straßen jagen.
Wenn Versammlungen eingeschüchtert und aufgelöst werden. Wenn Streiks
drangsaliert und kriminalisiert werden - dann nützt das nicht uns, sondern den
Menschen, die aus den gegebenen Umständen profitieren.
Wenn noch immer nicht aufgearbeitet wird, warum es zu Oury Jallohs und Nelsons
Tod kam, dann wird damit nur ein System geschützt, das in sich nicht die
Menschen schützt, denen es eigentlich dienen soll.
Deshalb fordern wir:
Demokratische Kontrolle und unabhängige, transparente Beschwerdestellen,
damit Polizeigewalt nicht unkontrolliert bleibt, sondern konsequent
aufgeklärt und Betroffene Gehör finden.
Wir sehen, dass eine rein rechtsstaatliche und gerichtliche Kontrolle der
Polizei als Exekutivorgan nicht ausreicht (10)
Ebenso sehen wir es als notwendigen Schritt, dass wir als Gesellschaft
nicht nur ein Mitbestimmungsrecht haben, wer für uns in den Parlamenten
sitzt, sondern auch, wer für uns für “Sicherheit” in den Straßen sorgt und
wie.
Wir wollen wirkliche Haftbarkeit und nicht einfach Disziplinarverfahren,
die nur spärlich verteilt werden.
Keine weiteren Befugnisse für die Polizei, Bürger*innen und
Freiheitsrechte müssen gewährleistet werden. Keine Quellen-TKÜ, kein
Todesschuss, keine willkürlichen Wohnungsdurchsuchungen oder LGS-
Stürmungen
Rassistische Kontrollpraktiken verbieten und Gefahrengebiete abschaffen,
stattdessen Antidiskriminierungstrainings verpflichtend für alle
Polizist*innen, die GJ kann bei Bedarf ein paar Tipps geben :)
Wir wollen wirkliche Hilfe für Menschen in Notsituationen und keine
Drangsalierung migrantisierten Personen. Das spaltet uns als Gesellschaft
nämlich tatsächlich.
Nazis raus aus der Polizei! Null Toleranz für Faschist*innen
Verpflichtende Fortbildungen für die Polizei zur Sensibilisierung für die
Arbeit mit Verletzten Menschen bei Fällen von sexueller Gewalt.
Mittel umverteilen: Weniger Geld für Repression, mehr für Bildung,
Sozialarbeit und Prävention.
Bullen raus aus den Demos - für die Einhaltung der Versammlungsfreiheit in
Berlin!
Vermummungsverbot aufheben, Demonstrieren muss anonym möglich sein1
Linke und migrantische Strukturen schützen, statt sie zu kriminalisieren
oder zu stigmatisieren.
- Abschaffung der deutschen Staatsangehörigkeit als Einstellungsvoraussetzung. Menschen dürfen nicht aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert werden und müssen unabhängig vom Aufenthaltsstatus die Möglichkeit haben Polizist*in zu werden. Die Voraussetzung der deutschen Staatsbürgerschaft schafft weiteren Nationalismus und nationalistische Identität. Zeitgleich werden die ausgeschlossen, die mit am meisten unter Polizeigewalt leiden. Menschen mit Migrationshintergrund werden so weiter strukturell marginalisiert. Es darf keine rassistische Diskriminierung durch Einschränkungen für Menschen ohne deutschen Pass im Bewerbungsprozess geben, Artikel 3GG lässt grüßen.
Polizei entwaffnen, Waffen müssen im Auto bleiben und dürfen nur in
Ausnahmesituationen rausgeholt werden. Unser Vorbild dabei ist Norwegen,
in der das bereits Praxis ist und gut funktioniert.
Niemand kann in einer Situation gut und deeskalierend wirken, wenn der
Gegenüber eine Schusswaffe greifbar hat. Das ist nichts als
Einschüchterung und löst keine Probleme
Militarisiertes Auftreten der Polizei verbieten.
Als Gesellschaft brauchen wir tatsächliche Lösungsfindungen. Wenn die
Polizei eine solche Rolle spielen soll und als Mittler*in zwischen
Parteien auftreten soll, ist ein militarisiertes Auftreten fehl am Platz.
Dies dient nämlich nur der Einschüchterung.
Letztlich eine Abschaffung der Polizei wie sie jetzt existiert, statt des
Systems sollte sie alle Menschen schützen und statt zu bestrafen sollte
sie auf eine Reintegration in die Gesellschaft setzen - Knäste zu
Baulücken.Das setzt allerdings voraus, dass es ein System gibt, dass nicht
auf Eigentum und Besitz und Wachstum, sondern auf Solidarität, Hilfe und
Freiheit beruht. Denn echte Sicherheit entsteht durch Gerechtigkeit,
Solidarität und soziale Rechte.